Um die Frage, wie Probiotika auf den Darm wirken zu klären, muss zunächst darüber aufgeklärt werden, was Probiotika sind bzw. woraus sie bestehen. Der Name suggeriert, dass es sich um das „Gegenstück“ zu den Antibiotika handelt. „Probiotika“ bedeutet sinngemäß in die deutsche Sprache übersetzt „für das Leben“; wohingegen „Antibiotika“ „gegen das Leben bedeutet“. Gemeint ist jedoch nicht das menschliche Leben, sondern das Leben von Bakterien. Antibiotika werden gegen bakterielle Infektionen eingesetzt, töten also Bakterien ab oder hemmen ihr Wachstum. Probiotika hingegen sind Mittel, deren Wirkstoff lebende Bakterien sind. Dem Körper werden also bewusst Bakterien zugeführt. Probiotika werden ausschließlich oral, also über den Mund, zugeführt und landen schlussendlich im Darm. Die lebenden Bakterien gelangen also in den Darm. Dies wird durch magensaftresistente Kapseln erreicht – andernfalls würden die Bakterien im Magen größtenteils durch die Magensäure eliminiert werden.
Der Einfluss von Bakterien auf den Darm
Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass sich im Darm natürlicherweise zahlreiche Bakterien befinden. Die Zahl der dort natürlich siedelnden Bakterien ist unvorstellbar hoch. Im menschlichen Darm befinden sich etwa 100 Billionen Bakterien. Als Zahl ausgeschrieben: 100.000.000.000.000 – eine Zahl mit vierzehn Nullen. Die meisten Menschen werden angesichts dieser Information leicht angewidert reagieren und an ihrer Gesundheit zweifeln. Diese Reaktion ist angesichts des herrschenden schlechten Images der Bakterien zwar verständlich, jedoch grundfalsch. Diese Bakterien, modisch und plakativ gerne als Teil der „Darmflora“ bezeichnet, beeinflussen die menschliche Gesundheit ausschlaggebend. Um noch weiter zu gehen kann behauptet werden, dass ein Mensch ohne diese Vielzahl an Helfern nicht gesund sein könnte.
Zur Darmflora gehören neben den Bakterien auch die im Darm siedelnden Pilze und die anderen dort befindlichen Mikroorganismen. Medizinisch betrachtet ist die Bezeichnung „Darmflora“ inkorrekt – es handelt sich eigentlich um eine Darmmikrobiota. Die dort siedelnden Mikroorganismen, also auch die Bakterien, sind entscheidend an der Funktionsweise des Immunsystems beteiligt. Auch die Verdauung und andere körperliche Vorgänge werden durch die im Darm siedelnden Bakterien gefördert. Auf den Darm selbst haben die Bakterien nicht nur über die Förderung der Verdauung positive Effekte. Gerät die Darmflora in ein Ungleichgewicht, vermehren sich einige Bakterienstämme in einem ungleichen Verhältnis zu anderen, haben die betroffenen Personen häufig mit Darmproblemen zu kämpfen. Hierzu zählen neben Verdauungsbeschwerden auch Durchfälle. Bei einem ausgewogenen Vorhandensein der verschiedenen Bakterienstämme und anderer Mikroorganismen treten hingegen nur selten Darmbeschwerden auf.
Wo genau kommen die Probiotika ins Spiel?
Probiotika werden vornehmlich bei einer gestörten „Darmflora“ eingesetzt. Der Arzt – oder Heilpraktiker – setzt Probiotika häufig bei einer Infektanfälligkeit ein, da bei einer solchen häufig eine gestörte Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm vorliegt. Auch nach einem Einsatz von Antibiotika werden oft Probiotika verschrieben. Dies ist durch den Umstand zu begründen, dass Antibiotika alle Bakterien, die sich innerhalb ihres Wirkspektrums befinden, abtöten – auch die für die menschliche Gesundheit positiven Darmbakterien. Um diese Dezimierung der „positiven“ Bakterien auszugleichen, gibt der Arzt Probiotika.
Die lebenden Bakterien, die sich in diesen Produkten befinden, entsprechen in Zusammensetzung und Verhältnis den natürlich im Darm siedelnden Bakterien. Somit kann eine ge- oder zerstörte „Darmflora“ wieder aufgebaut werden. Die Probiotika stellen also den natürlichen Zustand der Mikrobiota des Darmes wieder her.
Das Ungleichgewicht der Darmflora
Eine gestörte Darmflora kann zahlreiche Ursachen haben. Neben dem Einsatz von Antibiotika sorgen auch Stress und andere Umwelteinflüsse für ein Ungleichgewicht der im Darm siedelnden Mikroorgansimen. Vielfach ist auch eine einseitige, nicht ausgewogene Ernährung der Grund einer gestörten Darmflora. Probiotika können in diesen Fällen Abhilfe schaffen, indem die „erwünschten Bewohner“ des Darmes in dieser Form eingenommen werden.
Studien zur Wirkung von Probiotika auf den Darm
In der Medizin gilt es als erwiesen, dass Probiotika einen positiven Einfluss auf die Gesundheit des Darmes haben. Ärzte verordnen die Präparate vielfach während oder nach einer antibiotischen Behandlung, um die Schäden, die die Darmflora dabei davonträgt, auszugleichen. Auch bei Infektanfälligkeit und beim Reizdarmsyndrom werden Probiotika erfolgreich eingesetzt. Die Studienlage zu Probiotika kann nicht alle Effekte, die den Mitteln zugeschrieben werden, klar belegen. Es gilt jedoch als bewiesen, dass einige Milchsäurebakterien, die häufig in Probiotika zu finden sind, das Immunsystem stärken. In Bezug auf den Darm konnte nachgewiesen werden, dass die Gabe von lebenden Bakterien beim Reizdarmsyndrom die Beschwerden lindern kann.
Weiterhin konnten mehrere Studien belegen, dass antibiotisch bedingter Durchfall durch die Gabe von Probiotika verhindert bzw. behandelt werden kann. Vor allem ältere Menschen profitieren von diesem Effekt. Unklar ist, ob Probiotika auch bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (z. B. Colitis ulcerosa) eine Wirkung entfalten.
Fazit
Probiotika entfalten bei einem Ungleichgewicht der Mikrobiota des Darms zahlreiche positive Effekte auf diesen. Neben der Linderung der damit einhergehenden Darmbeschwerden zeigen sich auch beim Reizdarmsyndrom positive Effekte. Weitere Wirkungen ergeben sich vor allem auf das Immunsystem, das bei einer gestörten Mikrobiotia des Darmes häufig geschwächt ist. Ob eine Wirksamkeit bei anderen Darmerkrankungen gegeben ist, muss jedoch zunächst durch Studien geklärt werden. Bei einer erwiesenermaßen gestörten „Darmflora“ und nach dem Einsatz von Antibiotika empfiehlt sich die Gabe von Probiotika aufgrund der positiven Effekte auf den Darm und die Darmflora jedoch in beinahe jedem Falle.