Probiotika erleben seit vielen Jahren einen Hype, weil erkannt wurde, dass unser Wohlergehen und sogar unser psychisches Befinden stark von den Mikroorganismen in unserem Verdauungstrakt abhängen, wobei besonders der Dickdarm eine große Rolle spielt. Zur Erforschung der Darmflora, die sich aus vielen Milliarden nützlicher Bakterien und auch aus verschiedenen Hefepilzen zusammensetzt, hat sich eigens eine neue interdisziplinäre Forschungsrichtung namens Mikrobiomforschung entwickelt.
Führende Bakteriologen wie Louis Pasteur und sein Nachfolger Ilja Metschnikoff erkannten bereits in den ersten Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, dass nicht-pathogene Bakterien in der Lage waren, das Wachstum pathogener Milzbrandbakterien zu hemmen und sie aus der Darmschleimhaut zu verdrängen. Die zwischenzeitliche Entdeckung der Antibiotika ließ das Interesse an Bakterien zur Behandlung bakteriell bedingter Erkrankungen schwinden, so dass es bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts dauerte, bis die Erforschung der Darmflora wieder Fahrt aufnahm.
Um feststellen zu können, ob der Verzehr oder die Einnahme von Probiotika unerwünschte und gesundheitsschädliche Nebenwirkungen haben kann, sollten wir wissen, woraus Probiotika bestehen und welche Wirkungen zu erwarten sind.
Basiswissen: Das sind Probiotika
Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die denen in unserem Verdauungstrakt ähnlich sind. Bei den meisten probiotischen Lebensmitteln bilden Laktobazillen, Bifidobakterien, Escheria coli und einige andere Arten sowie bestimmte Hefepilze den größten Teil der Mikrobenvergesellschaftung.
Prinzipiell sollten die Mikroben nach dem Verzehr in der Lage sein, das Mikrobiom im Dickdarm in seiner Funktion zu unterstützen, pathogene Fremdbakterien mittels selbst hergestellter Toxine zu vertreiben und eventuell entstandene Lücken in der Darmflora zu ersetzen. Das setzt natürlich voraus, dass die Mikroorganismen das extrem saure Milieu im Magen und die Verdauungssäfte aus der Galle im Dünndarm überstehen. Ob und wie das funktionieren kann, ist derzeit Gegenstand kontroverser Diskussionen.
Es stellt sich die spontane Frage, wie die Mikroben in die probiotischen Lebensmittel hineinkommen. Das ist sehr einfach zu beantworten, denn die Natur hat es so eingerichtet, dass bestimmte Lebensmittel fermentiert oder beispielsweise in einer nicht-alkoholischen Gärung milchsauer vergoren werden können. Die Mikrobengesellschaft, die daran beteiligt ist, ähnelt dem Mikrobiom im Darm. Die fermentierten oder gegorenen Lebensmittel reichern sich auf natürlichem Wege mit Probiotika an. Die Technik entpuppt sich damit nicht wirklich als neu, sondern sie wird in nahezu allen Kulturen bereits seit Tausenden von Jahren angewandt, um Lebensmittel haltbarer zu machen.
Als Nebenprodukt fiel auch noch ab, dass die fermentierten Lebensmittel viel gesünder sind als in rohem Zustand, weil sie nicht nur Probiotika enthalten, sondern auch eine Reihe von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Die Mikroben sind in der Lage, viele Spurenelemente aus der Nahrung zu mobilisieren und einige essentielle Vitamine selbst zu synthetisieren wie Vitamin B12 und Vitamin K.
Die Wirkung von Probiotika
Nach neueren Erkenntnissen basiert die Wirkung der Probiotika weniger auf einer direkten Ansiedelung in der Darmschleimhaut als vielmehr auf Effekte, die die Probiotika während der Passage im Dickdarm auf das bestehende Darmmikrobiom ausüben. Beispielsweise werden die ansässigen Mikroben zu verstärkter Aktivität angeregt, wovon das Immunsystem profitiert.
Die Probiotika produzieren im „Vorbeimarsch“ Botenstoffe und Toxine, die gegenüber pathogenen Fremdbakterien toxisch wirken, nicht aber gegen Bakterien der eigenen Spezies. Derartige Wirkungen der Probiotika lassen sich besonders bei Mikrobiomen nachweisen, die durch Krankheiten wie anhaltender Durchfall oder durch eine Behandlung mit Breitbandantibiotika geschwächt wurden.
Eine weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der Probiotika besteht darin, dass sie in größerer Menge über einen mindestens mehrwöchigen Zeitraum täglich verzehrt oder eingenommen werden. Das Problem der für die lebenden Mikroben gefährlichen Passage durch Magen und Dünndarm lässt sich beispielsweise umgehen, wenn sie in magensaftresistenten Kapseln verpackt sind.
Die Nebenwirkungen von Probiotika
Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die sich durch Fermentation oder eine nicht-alkoholische Gärung während des Gärungsprozesses sehr stark vermehrt und angereichert haben. Insgesamt wurde der Vorgang von nahezu allen Kulturvölkern seit Tausenden von Jahren genutzt. Der Verzehr der fermentierten Lebensmittel ist wesentlich bekömmlicher und schmackhafter als der Verzehr in rohem Zustand. Die Mikroben haben für eine Anreicherung mit Vitaminen, Enzymen und Mineralien gesorgt und Toxine produziert, die ein Verderben des Nahrungsmittels zunächst verhindern, weil sich pathogene Fremdbakterien nicht ansiedeln können.
Das Problem einer möglichen Überdosierung stellt sich nicht, weil die nicht benötigten Mikroben problemlos aufgelöst und ihre Bestandteile weiterverwendet werden können oder sie werden ganz einfach mit dem Stuhl ausgeschieden.
Probiotika verursachen daher keine nennenswerten Nebenwirkungen, die über die eingenommener Placebos hinausgehen würden. Symptome, die in seltenen Fällen beobachtet wurden, erschöpften sich in leichten Bauchkrämpfen und in verstärkter Gasbildung, die sich durch vermehrten Flatulenzdrang bemerkbar machen. Schädliche Nebenwirkungen können allenfalls durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten, nicht aber durch die Mikroben selbst ausgelöst werden.